Bottermelk-Tango

Vorderseite

 

Rückseite

 

Labelaufkleber

(Alle Platten hatten dieses Label) 

 

Label:

Lantern (Verlag Rautenberg, 295 Leer)

Bestell-Nr:

30 - 1001

Jahr:

1973

Status:

LP ist nicht mehr im Handel erhältlich
(Alle Titel befinden sich auf der D-CD "Das war Hannes Flesner")

 

Seite 1
Rechtsupweg und Linksintschloot
Bottermelk-Tango
Elk is gern wat, und nümms is gern nix
Een Meßbült is keen Hönnigkook
De Pastor mit de koll Footen (Pastor Lubinus)
   (H. Flesner)
Off he sück woll wat marken lätt
 

Seite 2
Doar kann noch een up stahn
Dat hört sück nich
Krummhörner Toggschlot-Blues
Mallör sitt up'n lüttjen Stäe
Dienst ist Dienst, und Schnaps ist Schnaps
Kinners, wat geiht d'r bi lang

(Alle Titel: G. Pundt/H. Flesner, außer anders angegeben)

(Alle Titel: G. Pundt/H. Flesner)

Die erste LP ausschliesslich mit Musik-Stücken. In Zusammenarbeit mit dem Leeraner Rautenberg-Verlag wurde extra ein spezielles Label für Hannes' Veröffentlichungen gegründet:

Diese Marke fand sich ab diesem Zeitpunkt auf allen Hannes Flesner-LP's.

Auf der LP stehen zu den einzelnen Titeln und ihren geistigen Vätern der folgende Angaben:

Rechtsupweg und Linksintschloot
Rechtsupweg ist ein ansehnliches Dorf unweit des historischen Störtebeker-Turms von Marienhafe. "Rechtsupweg" bedeutet: "Rechts auf dem Weg". Spricht man mit einem Ostfriesen über Rechtsupweg, so bekommt man mit ziemlicher Sicherheit zur Antwort: "... und Linksintschlot". Was übersetzt heißt: "Und links im Graben". Eine Redensart, wie auch: "Keeneen hau sien Kinner dood!" ("Keiner schlage seine Kinder tot!") - es könnte ja auch mal was Vernünftiges draus werden, so wie Siebo Gerdes...

Bottermelk-Tango
Diese volkstümliche Parodie, entstanden in der Saison 1973/74, ist auf Anhieb Ostfrieslands Hit geworden, wie man der ostfriesischen Presse entnehmen konnte. Dieser Erfolg eilte der Schallplatte bereits voraus, weil Hannes Flesner den "Bottermelk"-Tango (also den "Buttermilch"-Tango) zuvor schon als Rundfunk-Aufnahme und auch in vielen öffentlichen Veranstaltungen, bei ostfriesischen Vereinsfesten ebenso wie bei Konzertabenden auf den Inseln, unter dem Jubel der Zuhörer auf der Bühne vorgesungen (und vorgetanzt!) hatte.

Elk is gern wat, und nümms is gern nix
Der Titel dieses auch musikalisch besonders gelungenen Chansons ist ein altes ostfriesisches Sprichwort: "Jeder ist gern was, und niemand ist gern nichts". Hier dargestellt an drei Männern, von denen der eine plötzlich reich wurde, der zweite sich durch Lügen interessant machte und der dritte in Bonn Minister werden wollte...

Een Meßbült is keen Hönnigkook
Es war eigentlich unausweichlich, daß Hannes Flesner und "O Hannes, wat'n Hoot" eines Tages zusammenkommen mußten. So ist denn unter Verwendung eines Motivs der Volksweise dieses Lied entstanden: "Ein Misthaufen ist kein Honigkuchen" - wie ja jeder selbst unschwer feststellen kann...

De Pastor mit de koll Footen (Pastor Lubinus)
Dieses Chanson geht auf eine wahre, aktenkundige Begebenheit zurück, die sich 1637 im Dorf Bakemoor bei Leer zutrug, als die Magd Taalke des Pastors Lubinus ihrem Dienstherrn ein Knäblein gebar. Der alte Bänkelgesang, in dem fahrende Sänger den Ereignissen ihre eigenen, manchmal auch derben Deutungen gaben, lebt hier wieder auf: "Der Pastor mit den kalten Füßen".

Off he sück woll wat marken lätt
Ein handfestes Trinklied. In der Schenke zu singen, an der Werkbank, zum Feierabend, beim Geburtstagsumtrunk - wo immer es darum geht, daß ein paar durstige Gesellen einen anderen dazu bewegen möchten, "dat he een utdeiht" - daß er einen ausgibt.

Doar kann noch een up stahn
Selbst jene Ostfriesen, die fast nur plattdeutsch sprechen, singen - wenn sie fröhlich sind - hochdeutsche Lieder. Warum eigentlich? Die Antwort is einfach: Es gibt keine plattdeutschen Stimmungslieder für die heutige Zeit. Besser: Es gab keine. Denn "Doar kann noch een up stahn" is eins. Hermann Eilers, der vierschrötige Kapitän des Juister Motorschiffs "Ostfriesland", stellte dazu treffend fest: "Junge, doar kannst di moj na fiern!" - "Junge, danach kann man aber prima feiern!"

Dat hört sück nich
Wörtlich: "Das gehört sich nicht!" Zunächst die Geschichte eines einfachen Moorbauern, der von seiner Frau gesagt bekommt, was er tun darf und was nicht, wenn er als "feiner Mann" gelten will. Und dann die Geschichte eines "feinen Mannes", der sich als Umwelt-Großverschmutzer entpuppt. Und das ist es eben in Wahrheit, was sich nicht "gehört".

Krummhörner Toggschlot-Blues
Mit lebhaften musikalischen Mitteln wir hier eine heitere Legende erzählt, die sich um einen "Toggschloot", einen Entwässerungs-Zuggraben, und um ein verrostetes Fahrrad dreht, das unversehens zu einer Touristen-Attraktion wird.

Mallör sitt up'n lüttjen Stäe
"Kleine Ursachen, große Wirkung" möchte man dieses Chanson übersetzen. Es berichtet von den naturgegebenen Begleiterscheinungen einer "Dampferfahrt", und es berichtet vom Mißgeschick eines Bauern, dem bei feuchtfröhlicher Heimkehr ein deftiges Versehen unterläuft.

Dienst ist Dienst, und Schnaps ist Schnaps
"Lied eines alternden ostfriesischen Zöllners" könnte man dieses kleine Kabinettstück auch überschreiben, das ein paar Gedanken eines Beamten am ostfriesisch-holländischen Grenzübergang Bunderneuland schildert. Der biedere Staatsdiener hat kein Verständnis dafür, daß es mitten in Europa noch Zollschranken gibt - aber "Dienst ist Dienst, und Schnaps ist Schnaps"! Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig...

Kinners, wat geiht d'r bi lang
Der 1. Mai ist in vielen Dörfern Ostfrieslands ein einziges großes Volksfest, und dazu gehört oft auch, daß die "Jungkerls" eines Dorfes den prächtig geschmückten Mainbaum eines Nachbardorfes entführen - um ihn später z.B. gegen ein Faß Freibier wieder herauszugeben. Daß so etwas nicht immer reibungslos abgeht, liegt auf der Hand. Und da ist es schon verständlich, wenn es zum Schluß heißt: "O Kinners, wat gung't d'r bi lang"

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Hannes Flesner ist nicht nur der Sänger der Ostfriesischen Chansons, er ist auch ihr geistiger Vater. Das erste komponierte er selber, bei allen weiteren schrieb Gerd Pundt die Musik zu Texten von Hannes Flesner. Beide sind waschechte Ostfriesen. Beide wurden im Kreis Aurich geboren. Der eine in Rahe, der andere in Spetzerfehn. Beide saßen in der selben Klasse des Ulrichs-Gymnasiums in Norden, wo sie nur das Kopfschütteln ihrer Lehrer ernteten, wenn sie als Primaner - statt sich mit Mozart oder Haydn zu beschäftigen - auf dem Flügel in der Aula vierhändig Tanzmusik spielten.

Hannes Flesner wurde Journalist, Feuiletonchef einer großen deutschen Zeitung, Schriftsteller, Plattenmacher - Gerd Pundt studierte Musik, heiratete die Tochter des Memmert-Inselvogts Otto Leege und übernahm selber als Inselvogt dieses Vogelschutz-Eiland, in dessen Einsamkeit die beiden Freunde später ihre Ostfriesischen Chansons ausbrüteten. Gerd Pundt ist heute Musiklehrer in Norden, Hannes Flesner arbeitet überwiegend in Hamburg, weil dort die Studios und die Schallplatten-Konzerne wie in keiner anderen deutschen Stadt beisammen sind.

Als die Ostfriesen-Witze wie eine Springflut hereinbrachen, machte Hannes Flesner seine Langspielplatte "Ostfriesen-Witze, erzählt von Hannes Flesner (Ostfriese)". Er verzichtete dabei auf die reinen Boshaftigkeiten und entwickelte statt dessen eine amüsante Form von Döntjes. Die Platte wurde vom bundesdeutschen Wort-Bestseller und erhielt von der Fachkritik sechs Sterne zugesprochen - das höchste Lob. Fernsehen, Rundfunk und Bühne holten sich Hannes Flesner, "den fröhlichen Ostfriesen". Die Presse ernannte ihn zum "norddeutschen Manager".

Auf Hannes Flesner's nächster Langspielplatte ("Ostfriesland wie es lacht und singt") konnte man u.a. schon die ersten der Ostfriesischen Chansons hören; neue kamen hinzu - und auf dieser Stereo-LP liegen sie nun endlich alle gesammelt vor.

Hannes Flesner:
"Wir wollen in die Ostfriesischen Chansons nicht zuviel hineingeheimnissen. Sie sollen vor allen Dingen Freude machen. Vielleicht gelingt es auch dadurch, Ostfrieslands kulturelles Selbstbewußtsein zu stärken."